Glasöfen und Werkzeuge
Das Herz einer jeden Glashütte oder eines jeden Glasstudios ist der Glasschmelzofen.
Es gibt die unterschiedlichsten Größen und Bauformen von Glasöfen je nach Anwendung und verschiedene Energieträger (z.B. Gas, Öl oder elektrischer Strom).
Der Glasofen hat die Aufgabe das Gemenge oder das Rohglas (Glasnuggets) zum Schmelzen zu bringen. Bei einer Arbeitstemperatur von ca. 1200 ° C wird das schmelzflüssige Glas vom Glasmacher ausgearbeitet und geformt.
Sobald das schmelzflüssige Glas aus dem Glasschmelzofen entnommen wird, kühlt dieses stetig aus und erstarrt und lässt sich also nicht mehr formen.
In der Einwärmtrommel, die wie der Glasschmelzofen, ebenfalls eine Arbeitstemperatur von ca. 1200 ° C erreicht, wird das schmelzflüssige Glas immer wieder auf Temperatur gebracht. Einwärmtrommeln nutzt man in vielen manuell arbeitenden Glashütten und Glasstudios.
Der Kühlofen ist genauso unverzichtbar wie der Glasschmelzofen, denn hier werden die fertigen Glasprodukte langsam abgekühlt.
Jedes Glasprodukt, das am Glasofen entsteht, wird nach Fertigstellung noch heiß, aber bereits erstarrt, in den Kühlofen gestellt. Der Kühlofen hält während eines Arbeitstages eine Temperatur von ca. 510 °C.
Je nach Wandstärke der hergestellten Glasobjekte werden diese über Nacht oder auch über mehrere Tage langsam bis auf Raumtemperatur abgekühlt. Auf diese Weise wird das Glas spannungsfrei abgekühlt.
Ohne dieses Werkzeug läuft beim Glasmachen gar nichts - die Glasmacherpfeife.
Erfunden von den Syrern in Sidon um ca.
100 v.Chr. hat sich das Grundprinzip der Glasmacherpfeife bis heute nicht geändert.
Die Glasmacherpfeife ist ein langes Metallrohr mit einem Mundstück an einem Ende zum Einblasen der Luft.
Mit dem anderen Ende dieses Metallrohres taucht der Glasmacher in die Glasschmelze im Glasofen ein und holt unter gleichmäßigen Drehbewegungen das schmelzflüssige Glas aus dem Glasofen. Ein Balanceakt, der zu Beginn einer Glasmacherausbildung immer und immer wieder trainiert werden muss.
Es dauert sehr lange, bis dieser Grundarbeitsschritt des "Glasanfangens" in Fleisch und Blut übergegangen ist und man die Glasmenge, die man benötigt, gleichmäßig und fast wie im Schlaf auf die Glasmacherpfeife aufwickeln kann.
Neben der Glasmacherpfeife sind Hefteisen (Metallstangen ohne Mundstück) unverzichtbare Werkzeuge, um Glasgefäße beim Herstellungsprozeß an- oder umzuheften.
Anfangeisen unterschiedlicher Stärke dienen zur Herstellung massiver Glasobjekte oder zum Bringen von heißem Glas (auch "Glas kaiern" genannt)
Gute Handwerkzeuge sind das A und O eines jeden Glasmachers!
Schmelzflüssiges Glas ist natürlich viel zu heiß, um es mit der bloßen Hand zu formen.
Deshalb haben Glasmacher in enger Zusammenarbeit mit Werkzeugmachern eine Vielzahl von Handwerkzeugen zum Formen und Schneiden von heißem Glas entwickelt. Dazu gehören unter Anderem Einschnürscheren, Abschneidscheren, Rundscheren, Pinzetten und Zwackeisen in unterschiedlichen Ausführungen und Größen.
Holzbrettchen oder Graphitplatten (diese sind aus dem Glasapparatebau entlehnt) diehen beispielsweise zum glatt streichen und begradigen (z.B. bei Böden).
In Wasser getränkte Holzwerkzeuge (bevorzugt aus Buchenholz) werden traditionell schon sehr lange für das Glasmachen benutzt. In traditionell arbeiten, größeren Glashütten gibt es auch heute oft noch den traditionellen Holzformendrechsler, der Holzlöffel (auch Wulgerhölzer genannt) oder Einblasformen für die Glasmacher herstellt.
Wenn das schmelzflüssige Glas mit den in Wasser getränkten Holzformen geformt wird, "schwimmt" das heiße Glas wie auf einem Wasserdampffilm und das Holz verbrennt nicht.
Zeitungspapier, welches in mehreren Lagen gefaltet und in Wasser getränkt wird, ist ebenfalls ein wunderbares Werkzeug der Neuzeit, um schmelzflüssiges Glas frei zu formen, zu stauchen, zu strecken oder an bestimmten Stellen gezielt zu kühlen.
Bildnachweis: Fotoaufnahmen entstanden im Glasstudio des Museumsdorf Baruther Glashütte